Lautlos die Bank geplündert

Ob das herauskommt, was ich eingebe? (Foto: jarmoluk, pixabay)

„Bankräuber sprengen Geldautomaten“ – so oder ähnlich liest man manchmal in der Zeitung. So zum Beispiel Anfang Dezember 2017, nachdem zwei Täter gegen 3.15 Uhr den Geldautomaten einer Bank in München-Schwabing mit einer Gasmischung sprengten. Das ist die brutalere, lautere Form. Es gibt aber eine andere Art, eine Bank zu plündern, die sehr verführerisch ist und keinen äußeren Schaden anrichtet.

Was würdest du tun, wenn du am Geldautomaten das Doppelte von dem ausgezahlt bekämest, was du eingetippt hast? Mit dieser Frage sah sich ein Bewohner einer kleinen Stadt im Nordosten Englands konfrontiert, als er eines Abends vom Automaten doppelt so viel ausgeworfen bekam, wie er haben wollte.

Was er dann tat? Er rief einen Kumpel an, dem sich nach und nach weitere Freunde anschlossen, so dass in jener Nacht das halbe Dorf die örtliche Bank plünderte.

Gegen Morgen war der Automat endlich leer: Schätzungsweise 65.000 Pfund – ca. 72.500 Euro – holten sie sich und beruhigten dabei ihr Gewissen mit den Worten: „Für die Bank ist das doch nur ein Taschengeld! Außerdem rauben uns die Banken doch aus, wo sie nur können.“ Einige gingen mit der Sorge ins Bett, die Bank könnte das Geld zurückfordern. Dies tat sie aber nicht, weil unklar gewesen sei, wer zu viel bekommen habe, sagte ein Banksprecher.

„Du sollst nicht stehlen, so lautet das siebte Gebot“, sagte der Ortspfarrer, der das nächtliche „Wunder“ verschlafen hatte, am nächsten Morgen im Pub. „Gilt Gottes Gebot etwa nicht mehr, wenn eine große Bank die Geschädigte ist?“ Drei von denen, die sich am Automaten bedient hatten, sollen am nächsten Morgen das Geld, das sie zu viel erhalten hatten, zurückgebracht haben.

In der Bibel steht die Geschichte eines Zolleinnehmers, der durch überhöhte Forderungen und Unterschlagung reich geworden war. Er hieß Zachäus und lebte in der Stadt Jericho. Als Jesus durch Jericho zog, kam es zu einer Begegnung der besonderen Art: Aufgrund seiner Statur war Zachäus auf einen Maulbeer-Feigenbaum geklettert, um den Wanderprediger besser zu sehen. Jesus entdeckte ihn und lud sich selbst bei Zachäus ein.

Sie sprachen lange miteinander. Zachäus war verhasst und gesellschaftlich isoliert. Die Worte und das Vorbild von Jesus machten ihn so nachdenklich, dass es zu einer Spontanreaktion kam und Zachäus versprach (Lukas 19,8 Hfa):

„Herr, ich werde die Hälfte meines Vermögens an die Armen verteilen, und wem ich am Zoll zu viel abgenommen habe, dem gebe ich es vierfach zurück.“

Wenn man die ganze Geschichte liest (Lukas 19,1-10), fällt auf, dass es keine Aufforderung an Zachäus gab, so etwas zu tun. Anscheinend musste ihm keiner sagen, was er tun sollte, um den Schaden wiedergutzumachen, den er den Bewohnern Jerichos durch unsaubere „Geschäftspraktiken“ angerichtet hatte. Wodurch kam er denn zur Selbsterkenntnis? Was motivierte ihn, so großzügig zu verfahren?

Entscheidend für die Umkehr des Zachäus – mit dem, was danach folgte – war die Begegnung mit Jesus Christus. In der Nähe des einfachen Predigers, der sich selbstlos für die Schwachen der Gesellschaft einsetzte, erkannte Zachäus, wie gewinnsüchtig und raffgierig er selbst war. Normalerweise wäre das ein Grund zu verzweifeln. Doch nicht so, wenn man Jesus begegnet. In der Gegenwart des menschgewordenen Gottes spürte Zachäus genau so deutlich: Von Gott geliebt und angenommen zu werden, stellt den Wert aller Reichtümer dieser Welt in den Schatten!

Um eine Ungerechtigkeit zu beseitigen, mag die Mathematik den ersten Schritt zeigen. Um aus Liebe und Dankbarkeit großzügig Gutes zu tun, bedarf es einer Änderung der Gesinnung. Diese aber bewirkt umfassend und nachhaltig nur derjenige, der uns erschaffen hat, uns durch und durch kennt und dennoch (oder gerade deswegen?) liebt.