Wieder im Kino: Maria Magdalena

Maria Magdalena salbt Jesus die Füße, Nikolaus Bluntschli, 1559 (1)

Passend zu Ostern kommt wieder ein Film mit biblischen Bezügen in die Kinos: „Die Jüngerin“ mit Maria Magdalena als Hauptfigur. (2) Diese Frau scheint immer wieder eine große Anziehungskraft auf Schriftsteller, Künstler und Filmproduzenten auszuüben. Schon im Film „Die letzte Versuchung“ von Martin Scorsese (1988) spielte sie eine besondere Rolle, auch wenn sie dort als laszive, schmuckbehängte, tätowierte Prostituierte dargestellt wurde.

Wer und wie war Maria Magdalena? War sie die Lieblingsjüngerin Jesu, wie außerbiblische Schriften darstellen, die von ihm besondere Offenbarungen empfing? War sie die „Sünderin“, die Jesus die Füße wusch? (3) Was ist von den Spekulationen zu halten, sie sei die Geliebte oder Ehefrau Jesu gewesen?

Was die Bibel über Maria Magdalena verrät, ist recht nüchtern und aufregend zugleich. Gesichert ist „nur“, dass sie zu den Frauen gehörte, die Jesus begleiteten und für ihn und seine Jünger (Schüler) sorgten, (4) allerdings wird sie nirgendwo als „Jüngerin“ bezeichnet, auch nicht als „Apostelin“. (5) Außerdem erlebte sie die Kreuzigung und half bei der Grablegung von Jesus. Aufregend war, dass Jesus ihr sieben Dämonen ausgetrieben hatte und sie ihm nach seiner Auferstehung als erster Mensch begegnete. (6) Daraufhin bekam sie den Auftrag, den Jüngern die gute Nachricht der Auferstehung ihres Meisters zu überbringen. (7)

Sehr bewegend muss für sie der Augenblick gewesen sein, als sie – völlig niedergeschlagen und enttäuscht – den Auferstandenen sah, ihn aber nicht erkannte. Erst als Jesus ihren Namen aussprach, wusste sie, wer vor ihr stand. In ihrer unbeschreiblichen Freude wollte sie ihn festhalten, worauf der Auferstandene sagte: „Halte mich nicht fest; denn ich bin noch nicht zum Vater hinaufgegangen.“ (8) Interessant ist auch, was sie antwortete, als Jesus sie bei ihrem Namen nannte: Nicht etwa „mein Liebster“, sondern schlicht und ergreifend „mein Lehrer“.

Dass Maria Magdalena und andere Frauen als erste Zeuginnen der Auferstehung in den Evangelien benannt werden, spricht übrigens für die Glaubwürdigkeit des Auferstehungsberichtes: Da in der antiken Welt Frauen nicht als verlässliche Zeugen vor Gericht angesehen wurden, hätte wohl niemand eine Geschichte über Frauen als Zeugen für die Auferstehung Jesu erfunden.

An Maria Magdalena beeindruckt mich ihre Treue und ihr Mut: Sie blieb am Kreuz, als die anderen davonliefen; sie beteiligte sich an der Grablegung, als die Jünger sich ängstlich verkrochen hatten; sie war als Erste am Grab und hatte dann das Vorrecht, den Jüngern mitzuteilen, dass Jesus lebt und somit ihre Enttäuschung, Ohnmacht und Traurigkeit abstreifen durften.

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(1) In der katholischen Tradition wurde Maria Magdalena gleichgesetzt mit der anonymen Sünderin, die Jesus die Füße salbte (Lukas 7,36–50).
(2) Der katholische Sender Domradio fasst das Interview mit einem Filmkritiker zusammen: „Ganz im Geiste der Bibel“. DIE WELT hält den Film für eine bigöttliche Komödie, denn er tue feministisch, „doch spätestens der Abspann zeigt, was hier wirklich gepredigt wird“. Die Süddeutsche Zeitung fasst zusammen: „Rooney Mara [Maria Magdalena] soll Jesu Gefährtin zur feministischen Ikone machen. Aber dafür fehlt diesem Film die Radikalität.“ Das (evangelische) Christliche Magazin pro meint, der Film räume ein Stück weit auf mit dem Bild eines archaischen und patriarchal organisierten Christentums und fordere die Kirchen auf, so manche eigene Praxis zu prüfen.
Offizieller Trailer
(3) Vgl. Lukasevangelium 7,36-50
(4) Lukas 8,1-3
(5) So katholisch.de, bezugnehmend auf die im Abspann zitierte Würdigung Marias als „Apostola Apostolorum“ (Apostelin der Apostel) zuletzt 2016 in einem Dekret der Gottesdienst-Kongregation.
(6) Markus 1,9
(7) Johannes 20,11-18
(8) Johannes 20,17 nach der Einheitsübersetzung; die geläufigere Übersetzung „Berühre mich nicht“ ist vom Kontext her unpassend.