Tag 5: Ein geschichtsträchtiger Berg

Montag, 3. Juni 2019. Dieser Tag war so voll von Höhepunkten, dass es schwer ist, einen kurzen Rückblick zu geben – und das ist auch der Grund, warum unten die Fotoauswahl so groß ausgefallen ist.

Erster Höhepunkt: die Paternosterkirche ganz oben auf dem Ölberg. Mit mehr als 140 Fassungen des Vaterunsers, des Mustergebets, das Jesus seine Jünger lehrte (Matthäus 6). Dort hielt Elí eine Kurzandacht über das Beten und wir sangen … natürlich das Vaterunser!

Das „obligatorische“ Gruppenfoto machten wir auf dem jüdischen Friedhof mit dem Tempelberg im Hintergrund und auch mit Sicht auf die Mauer und das zugemauerte Tor, „Goldenes Tor“ genannt. (Nach christlicher Überlieferung fand der Einzug Jesu in Jerusalem als Messias durch dieses Tor statt. Dass es bis heute verschlossen geblieben ist, sehen viele als Erfüllung des Wortes in Hesekiel 44,1-2: „Und er führte mich wieder zu dem äußeren Tor des Heiligtums im Osten; es war aber zugeschlossen. Und der HERR sprach zu mir: Dies Tor soll zugeschlossen bleiben und nicht aufgetan werden, und niemand soll dort hineingehen. Denn der HERR, der Gott Israels, ist dort eingezogen; darum soll es zugeschlossen bleiben.“

Zweiter Höhepunkt: die Kirche Dominus Flevit, die an das Weinen Jesu über die Menschen damals in Jerusalem erinnert. Wir dachten über die Worte in Lukas 19,41-44 und Matthäus 23,37-39 nach, bevor wir dann die Kirche besuchten, die vor allem durch das Fenster hinter dem Altar bekannt ist: anders als sonst bei christlichen Kirchen üblich ist diese nicht nach Osten ausgerichtet, sondern nach Westen: der Blick fällt auf die Grabeskirche und den Felsendom, die beide (fast) auf gleicher Höhe liegen wie die Dominus Flevit.

Dritter Höhepunkt: der Garten Gethsemane und die nebenan stehende Kirche der Nationen. In diesem Garten kann man Olivenbäume bewundern, dessen Wurzeln zweitausend Jahre alt sind. An den Todeskampf, den Jesus dort am Abend vor seiner Kreuzigung im Gebet führte, erinnert die Kirche der Nationen, auch Todesangstbasilika genannt (siehe Matthäus 26,36–56; Markus 14,32–52 und Lukas 22,39–46. Schade, dass unmittelbar davor eine stark befahrene Straße die Stille erheblich stört!

Vierter Höhepunkt: der Hiskia-Tunnel, den wir auf der David-Stadt (Ausgrabungsstätte) besuchten, nachdem wir eine gemütlich-anstrengende „Wanderung“ über das Kydrontal machten. Der Hiskia-Tunnel ist eine unterirdische Wasserleitung aus dem 8. Jahrhundert v.  Chr. Der über 500 Meter lange Tunnel führt das Wasser der Gihonquelle in die Stadt, in den Teich von Siloah – bis heute! Mit Taschenlampen ausgestattet und teilweise in Badehose (das Wasser kann bis 70 cm tief sein) watete ein Teil unserer Gruppe etwa 450 Meter durch das erfrischende kalte Quellwasser. Streckenweise war die Deckenhöhe sehr niedrig und der Gang durchgehend sehr schnell (überholen unmöglich; nicht geeignet für Menschen mit Platzangst). Der andere Teil der Gruppe konnte durch einen älteren, gleich langen parallel verlaufenden „trockenen“ Tunnel gehen. Das Erlebnis wurde dadurch gesteigert, dass eine Schulklasse hinter uns lief: die Kinder schrien sich die ganze Zeit die Angst aus der Lunge!

Fünfter Höhepunkt war das fakultative Abendprogramm Jerusalem by night, an dem 27 Personen teilnahmen (wir sind insgesamt 33). Beeindruckend war (wie immer) der Besuch der Westmauer (Klagemauer), wo hunderte orthodoxen Juden am späten Abend beteten. Unter ihnen ein hier bekannter Rabbi, der pausenlos schrie und weinte – umgeben von Dutzenden Anhängern, die ab und zu ins Wehklagen mit einstimmte.

Der Ölberg ist in der Tat ein geschichtsträchtiger Berg, geprägt vom Wirken desjenigen, der immer noch einlädt, Schutz und Heilung bei ihm zu suchen – wie die Henne, die ihre Küken herruft und unter ihre Flügel aufnehmen möchte, um sie vor dem gefährlichen Raubvogel oder dem nahenden Feuer zu schützen.


Aus der Morgenandacht vom Montag, 3. Juni:
Ora et labora (Gleichnis der zwei Mönche mit ihren Ölbäumchen)

Die Intensität, mit der wir uns für eine Sache oder eine Person einsetzen und arbeiten, zeigt, wie wichtig uns dieser Mensch oder dieses Anliegen ist. Die Intensität aber, mit der wir zusätzlich für diese Person oder für diese Sache beten, verrät, wie groß unser Vertrauen zu Gott ist. Beides gehört untrennbar zusammen.


Weitere Informationen:

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