Während des letzten, dreiwöchigen Aufenthalts in meiner spanischen Heimat (Asturias, im Nordwesten) sind mir zwei Dinge besonders aufgefallen – das eine positiv, das andere negativ.
Sehr positiv fand ich die Kundenfreundlichkeit. Ob an der Supermarktkasse, beim Optiker, bei der Bank, beim Eisverkäufer, im Restaurant: Überall fand ich den Spruch (muss ich sagen den Traum?) erfüllt, „der Kunde ist König“. Ich erlebte nicht eine einzige Ausnahme!
Und das negative Erlebnis? Das fand täglich statt: Kaum einer hielt sich an die auch in Spanien geltende Regel „Bei Grün gehen, bei Rot stehen“! Ob jung, mittelaltrig, alt oder sehr alt, galt: nach rechts schauen, nach links schauen und dann durch! Manchmal rennend, weil plötzlich ein Auto auftauchte. Ich weiß, dass ich mich höchstwahrscheinlich ziemlich blamiert habe, aber ich war meistens der einzige, der lange stehen blieb, während andere Fußgänger einzeln oder scharenweise bei Rot die Straße überquerten.
Was hinderte mich daran, es ihnen gleich zu tun? Meine Erziehung? Die Angst, möglicherweise überfahren zu werden? Mein „Stand“ (Pastor i. R.)? Die deutsche Überkorrektheit? Die Vorbildfunktion? Vermutlich von allem etwas.
Kurz nach meiner Rückkehr zeigte mir meine Frau einen Spruch, den sie in einem der Social Media-Konten unseres älteren Sohnes gesehen hatte: „An die Leute, die öfter bei Rot über die Ampel gehen: Wenn euch Kinder dabei zusehen, müsst ihr euch gefälligst auch überfahren lassen.“ Etwas krass, nicht wahr? Aber vielleicht ein Anstoß zum Nachdenken über das eigene Verhalten. Ähnlich krass ist die Schock-Kampagne der französischen Verkehrsbehörde: Mittels einer Digitalsäule mit Bildschirm, selbstauslösender Kamera und Lautsprechern sollen Fußgänger, die bei Rot über die Straße gehen, denken, sie werden überfahren (sehenswertes Video hier).
Noch einmal die Frage: Warum bin ich während der drei Wochen in Spanien konsequent bei Rot stehengeblieben? Ich meine, es sind zwei Gründe maßgeblich gewesen. Zum einen wollte ich darin ein Vorbild für junge Menschen und Kinder sein. Ich bin es bestimmt nicht immer und nicht in allen Bereichen, aber es hier zu sein, fiel mir wahrlich nicht schwer. Mir ist bewusst, dass „Vorbildsein“ nicht unbedingt „in“ ist. Dennoch will ich gern diesbezüglich altmodisch bleiben.
Der zweite Grund hat mit meiner durch den Glauben geprägten Einstellung zu tun. Ich denke dabei an die Worte des Paulus in Römer 13,1-7, wo es um unsere Pflicht geht, der staatlichen Ordnung zu folgen (solange wie sie der göttlichen Ordnung nicht entgegensteht). Hier ein Auszug dieses Abschnittes (nach der Übersetzung „Hoffnung für alle“):
Die Staatsgewalt steht im Dienst Gottes zum Nutzen jedes Einzelnen. Wer aber Unrecht tut, muss sie fürchten, denn Gott hat ihr nicht ohne Grund die Macht übertragen, Strafen zu verhängen. Sie handelt im Auftrag Gottes, wenn sie unbestechlich alle bestraft, die Böses tun. Es sind also zwei Gründe, weshalb ihr euch der staatlichen Macht unterordnen müsst: zum einen, weil euch sonst das Urteil Gottes droht, zum andern, weil schon euer Gewissen euch dazu auffordert … Gebt also jedem, was ihr ihm schuldig seid. Zahlt die Steuern, die man von euch verlangt, ebenso den Zoll. Unterstellt euch der staatlichen Macht und erweist denen, die Anspruch darauf haben, den notwendigen Respekt.
Bei aller Unvollkommenheit: Es ist eines meiner Ziele, auch darin dem zu folgen, was die Bibel lehrt und Jesus Christus uns vorgelebt hat. Bei der Steuererklärung und beim Warten an der Ampel fällt es mir nicht schwer, beim Einhalten der Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der Autobahn ist noch Wachstumspotenzial, aber ich übe mich darin weiter.