Schlagwort-Archive: Zweifel

Restlos vertrauen?

Beim Onlinebanking ist Vertrauen gefordert, oder? (Foto: pictavio, pixabay.com)

[nx_spacer size=”15″] Gerade habe ich eine Menge Überweisungen übers Online-Banking erledigt. Hinterher habe ich darüber nachgedacht, wie groß mein Vertrauen in die Technik ist. Glücklicherweise habe ich bisher keine negative Überraschung erlebt.
Ich kam darauf, weil ich mich fragte: Kann jemand Online-Banking benutzen, der nicht „glaubt“, d. h. der nichts und niemandem vertraut? Denn Glauben heißt Vertrauen! Wer ein Flugzeug betritt, vertraut darauf, dass beim Start nicht eine Putzfrau im Cockpit sitzt, sondern ein ausgebildeter und erfahrener Flugkapitän. Jeder, der am modernen Leben teilnimmt, muss glauben! Selbst Atheisten glauben ja, dass es Gott nicht gibt, denn wissenschaftlich beweisen können sie ihre Annahme nicht (Atheismus ist Philosophie, keine Naturwissenschaft).
Der Evangelist Markus berichtet folgende Begebenheit: Der verzweifelte Vaters eines kranken bzw. besessenen Jungen sucht Jesus auf und bittet zunächst seine Schüler um Hilfe. Nachdem diese beim Heilungsversuch kläglich gescheitert waren, wandte er sich an Jesus: „Wenn du aber etwas kannst, so erbarme dich unser und hilf uns!“ (Markus 9,22) Das war ein ehrlicher Hilferuf, eine Mischung aus Glauben und Misstrauen. Vielleicht verständlich nach der gerade erlebten Enttäuschung. Als Jesus ihn darauf ansprach (V. 23), „schrie der Vater des Kindes: Ich glaube; hilf meinem Unglauben!“ (V. 24)

Ich glaube; hilf meinem Unglauben! 

Dieser Schrei kam aus der Tiefe seines Herzens: Ich will glauben, kann es aber allein nicht!
Wie viel trauen wir Gott zu, wenn wir für ein sterbenskrankes Kind beten? Oder um die Heilung einer zerrütteten Beziehung? Oder wenn wir schon seit 10, 20, 30 Jahren für einen geliebten Menschen beten, dass er sein Leben Gott anvertraut?
Vielleicht spüren wir den inneren Widerstreit zwischen dem Verstand (natürlich kann Gott alles!) und unserem Herzen, unseren Gefühlen (ob er das wirklich will?). Dann sollten wir uns im Gebet an Gottes Liebe und seine Versprechen klammern, „denn wir dürfen wissen: Gott ist größer als unser Herz und weiß alles, er kennt unser Bemühen wie unsere Grenzen“ (1. Johannes 3,20 GNB). Wir können ihm sagen: „Herr, ich will glauben, dass für dich nichts unmöglich ist, kann es aber noch nicht. Hilf mir, dir restlos zu vertrauen!“

  • Diese Andacht ist im Andachtsbuch 2020 des Advent-Verlags Lüneburg für den 19.10.2020 erschienen. Auch in der Ausgabe 2021 sind Texte von mir enthalten.
  • Die Andacht zum Anhören beim Hope Channel 

Keine Täler? Keine Berge!

[nx_spacer size=”10″]
Deutsch
:
Leben ohne Täler ist Leben ohne Berge.
Wer nie ganz unten war, schaut gleichgültig ins Tal.
Leben ohne Zweifel ist Leben ohne Glauben.
Wer niemals sucht und fragt, dessen Antworten sind schal.
(Jürgen Werth, aus dem Musical Josef – Eine Traumkarriere)

Wir, meine Frau und ich, fühlen uns sehr wohl in der Lüneburger Heide. Landschaftlich fehlen uns nur die Berge, daher (aber nicht nur deswegen) fahren wir gern nach Bayern. Nur die Berge? Natürlich auch die Täler, die gehören ja wohl dazu. Nicht nur in topographischer Hinsicht, sondern auch im realen Leben!

Davon singt Jürgen Werth in der zweiten Strophe seines Liedes „Leben ohne Schatten“. Es geht um Höhen und Tiefen, die wohl in keinem Lebenslauf fehlen dürften. Wer aber seine Tiefs zu schnell vergisst, wird – wenn er denn wieder in Hochstimmung ist – die Hochs für selbstverständlich halten. Und er wird nicht sehr viel Empathie jenen gegenüber aufbringen, denen es gerade schlecht geht.

Ähnlich ist es mit Glauben und Zweifeln. Wer glaubt, wird niemals aufhören, zu suchen. Weil Glaube mehr ist als das bloße Fürwahrhalten von Dogmen, von Lehrsätzen. Glauben heißt vertrauen. Vertrauen aber muss ein Leben lang wachsen. Und im Vertrauen erleben wir Höhen und Tiefen.

Wanderer erleben immer wieder, wie aufregend es ist, einen Gipfel im Gebirge zu erklimmen: Wenn man meint, höher ginge es gar nicht, entdeckt man, dass sich dahinter noch höhere Gipfel verbergen, die erklommen werden wollen. Ähnlich verhält es sich mit dem Glauben: Es wird nie der Zeitpunkt eintreten, da wir sagen können: „Fertig! Ich glaube nun genug! Mein Vertrauen kann sich nicht steigern!“

Wir bleiben Suchende und Fragende, wenn wir den Glauben ernst nehmen. Auch diesbezüglich sind Martin Luthers Worte sehr zutreffend: „Wir sind Bettler, das ist wahr!“

Das Lied auf YouTube / neuere Fassung

(3. Strophe folgt im nächsten Beitrag)

 

English:
Life without valleys is life without mountains.
Those who have never been at the bottom look indifferently into the valley.
Life without doubt is life without faith.
He who never seeks and asks, his answers are stale.
(Jürgen Werth) [picture]

Español:
Una vida sin valles es una vida sin montañas.
Quien nunca ha estado en lo más profundo mira con indiferencia hacia el valle.
Una vida sin dudas es una vida sin fe.
Quien nunca busca y pregunta, sus respuestas son rancias.
(Jürgen Werth) [Foto]