Tag 7: Jerusalem, dritter Tag

Mittwoch, 11. Mai.  Heute hatten wir wahrlich ein Kontrastprogramm: vier Grabstellen und den größten Markt Israels! Wobei die ersten zwei Gräber garantiert leer sind, denn Christus ist auferstanden! Das dritte Grab ist das von Oskar Schindler auf dem Zionsberg und das vierte jenes von David unterhalb des Abendmahlssaals, ebenfalls auf dem Zionsberg.

Das Gartengrab

Obwohl die allermeisten Archäologen die Grabeskirche als Ort des Begräbnisses Jesu für gesichert halten, glauben viele anglikanische und freikirchliche Christen, dass das Grab Jesu sich in diesem Garten unweit vom Damaskustor befand. Hauptargument ist die Form des Felsens auf der einen Seite des Gartens: Mit etwas Fantasie kann man Augen, Nase und Mund eines Schädels erkennen (Golgatha = Schädel). Das Grab, das wir hier besichtigen, stammt übrigens aus dem 7. bis 9. Jhdt. vor Christus.

Ich habe auch dieses Mal den Besuch dieser Oase der Ruhe so nah am Trubel der Altstadt am Damaskustor genossen, auch wenn manche Pilgergruppe so laut und euphorisch gesungen hat, dass man selbst kaum zu hören war. Hier sangen wir, nachdem ich einige Worte über die Begegnung des Auferstandenen mit Maria sprach, die Jesus erst als ihren Meister erkannte, als er ihren Namen nannte.

Die Grabeskirche

Die Grabeskirche, im 4. Jhdt. unter Kaiser Konstantin gebaut, wurde mehrmals im Laufe der Geschichte zerstört und wieder aufgebaut. Sie beherbergt heute sechs Konfessionen, die sich seit Jahrhunderten um die Zuständigkeiten streiten. (Aus diesem Grund musste einer muslimischen Familie die Verwaltung des Schlüssels für die Grabeskirche anvertraut werden!) Die überwiegende Mehrheit der Gelehrten hält die Grabeskirche für den Ort, an dem Jesus gekreuzigt und begraben wurde. Die neunte Station der Via Dolorosa befindet sich auf dem Dach der Grabeskirche, die restlichen fünf darin.

Am Salbungsstein im Eingangsbereich der Grabeskirche konnte ich wieder mit einer Mischung aus Bewunderung und Befremden sehen, wie Pilger die Steinplatte berührten, sie küssten und ihre Einkaufstüten mit Andenken und Mitbringseln darauf legten, damit sie besonders gesegnet sind. Am „Heiligen Grab“ wiederum standen, wie fast immer, hunderte Wartende. (Auch diesmal habe ich darauf verzichtet, Schlange zu stehen.) Ein Kontrast dazu ist die nur ein paar Meter entfernte evangelisch-lutherische Erlöserkirche: Wenn man den anstrengenden Aufstieg überlebt hat, wird man mit einer wunderbaren Aussicht belohnt.

Schindlers Grab

Auf dem Berg Zion gibt es einen kleinen Franziskanerfriedhof, in dem Oskar Schindler auf eigenen Wunsch begraben worden ist. Er starb 1974 in Hildesheim und es war sein Wunsch, in Jerusalem bei „seinen Kindern“ – den von ihm geretteten Juden und deren Nachkommen – begraben zu werden. Auf einem sehr einfachen Grab steht der Satz „Der unvergessliche Lebensretter 1200 verfolgter Juden“.

Dem jüdischen Brauch folgend, legten wir auf die Grabplatte die Kieselsteine, die wir aus Deutschland mitgebracht hatten. Dabei haben wir versucht, die Schluss-Szene des Filmes „Schindlers Liste“ nachzubilden. (Übrigens: Silke sagte mir, ich sei der einzige Gruppenleiter, der diesen Ort besucht.)

„Wer ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt.“
(Talmud)

Diesen Spruch ließen die von Oskar Schindler geretteten Juden in ihr Geschenk an ihn, einen Ring aus Zahngold, eingravieren.

Davids Grab

Auf dem Zionsberg ist die Dormitio-Basilika (von der deutschsprachigen Benediktinerabtei betreut) nicht zu übersehen. Wir konnten sie allerdings aufgrund der Bauarbeiten nicht besuchen. (Bei meinem letzten besuch hielten sich dort viele Pilger auf, besonders spanisch-sprechende, die Maria mit schönen Gesängen und hingebungsvollen Gebeten in der Krypta verehrten.)

Wir haben uns auf das Gebäude nebenan konzentriert, das von Kreuzfahrern gebaut wurde, in dem sich im Erdgeschoss das Grab Davids neben einer Synagoge befindet. Das ist ein Wallfahrtsort für Christen, Juden und Muslime. Ein Stock höher steht der Abendmahlssaal (das „Obergemach“, Apostelgeschichte 1,13).

Hier ein interessantes Zitat aus WELT online: „Schon im 4. Jahrhundert stand hier wohl eine byzantinische Kirche oder eine Synagoge, die die Muslime nach der Eroberung des Heiligen Landes im 7. Jahrhundert in eine Moschee umwandelten. Die Kreuzfahrer machten daraus wieder eine Kirche und erklärten den feudalen Raum im ersten Stock zum Platz, an dem Jesus sein letztes Abendmahl eingenommen haben soll – das Cenaculum. Gleichzeitig verorteten sie das Grab des legendären biblischen Königs David im Erdgeschoss und wandelten es so in ein Heiligtum der drei monotheistischen Religionen um … Heute ringen vier verschiedene Kirchen und Klöster, eine riesige Thoraschule, ein Holocaust-Museum und ein muslimischer Friedhof darum, die Narrative dieses Berges mitzubestimmen.“ Diese Worte dürften repräsentativ für vieles sein, was einem hier in Jerusalem bzw. überhaupt in Israel im Zusammenhang mit den „heiligen Stätten“ begegnet.

Der Mahane Yehuda Markt

Der Mahane Yehuda Markt in Jerusalem gilt mit täglich etwa 200.000 Besuchern als der größte Markt in Israel. Die Zahl der Händler schwankt zwischen 250 und 350. „Das Angebot besteht aus Gemüse und Obst, ferner Gewürzen, Nüssen; Fleisch- wie Fischangebote sind ebenfalls vorhanden wie auch andere Lebensmittel. An vielen Ständen werden typische Produkte der lokalen Küche angeboten wie Baklava, Halva, Gebäck, Schawarma, Kibbeh, Kebab, Schaschlik, Knafeh und andere Produkte. Im Markt befinden sich ebenfalls Tee- und Kaffee-Shops und Bars.“ (Wikipedia)

Ich habe mich gefreut zu sehen, wie einige unserer Gruppe minuziös gesucht, gefunden, verhandelt und gekauft haben, andere haben gekostet (nur Kalorienarmes!), andere haben einfach zugeschaut, was dort alles so ablief. Ich habe mich diskret als Paparazzi betätigt und beobachtet, wie interessant die Menschen – Touristen wie Einheimische, Jung wie Alt – ausgesehen haben.

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