In ihrer Neujahrsansprache verwies Bundeskanzlerin am 31.12.2018 auf die Fotos, die der deutsche Astronaut Alexander Gerst in den Monaten davor von der internationalen Raumstation ISS geschickt hatte. Sie sprach dabei den Klimawandel an, sagte aber auch, „immer wieder sind es auch einfach Bilder von der überwältigenden Schönheit unserer Erde“.
Diese Worte erinnerten mich an das so genannte „Jahrhundertfoto“, das die Astronauten der Apollo-8-Mission am Heiligabend des Jahres 1968, also vor 50 Jahren, machten: „Earthrise“, den Aufgang der Erde über dem Mondhorizont. Das Bild zeigt die blau-weiß leuchtende Erdkugel im nachtschwarzen All über der grauen, mit Kratern übersäten Oberfläche des Mondes. Ulrich Köhler, Planetenforscher am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, kommentierte: „Dieses Foto hat bestimmt nicht nur bei den Technokraten und Astronauten und Ingenieuren und Wissenschaftlern der NASA etwas bewegt, sondern vor allem natürlich bei den Menschen selber, die gesehen haben, dass die Erde ein kleines Sandkorn in der Unendlichkeit des Universums ist.“
Die drei Astronauten waren so bewegt, dass sie am Weihnachtsmorgen gegen vier Uhr deutscher Zeit die biblische Schöpfungsgeschichte vorlasen, die mit den Worten beginnt:
Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis lag auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser. Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag. (1. Mose 1,1–5)
Ich finde es großartig, wie diese drei Astronauten in dieser überwältigenden Situation reagiert haben: Sie konnten nicht anders, als den Schöpfergott durchs Vorlesen dieses Abschnitts aus der Bibel zu ehren. Vielleicht, weil sie meinten, keine passenderen eigenen Worte für diese Situation zu finden. Oder aber weil ihnen die Größe des Schöpfers bewusst wurde, auf die die Dimensionen des Weltalls schließen lassen.
Wie schade, dass über die biblische Schöpfungsgeschichte so viel und auch heftig während der letzten Jahrzehnte diskutiert worden ist! Statt sich durch deren Wortlaut persönlich ansprechen und zum Nachdenken über den Schöpfer bewegen zu lassen, blieben viele Leser an Details hängen, zerlegten Begriffe unter dem Mikroskop, suchten Ungereimtheiten, indem sie heutige wissenschaftlichen Maßstäbe an einen Text anlegten, der zu einem ganz anderen Zweck verfasst worden war: zu zeigen, dass es einen persönlichen Gott gibt, der ein vollkommenes Zuhause für seine Geschöpfe formte, um eine innige Beziehung zu ihnen zu pflegen.
Es ist ermutigend, zu lesen, wie zwei berühmte Astronomen das beschrieben, was sie durch die Beschäftigung mit der Schöpfung erlebten: „Wer sollte nicht durch die Beobachtung und den sinnenden Umgang mit der von der göttlichen Weisheiten geleiteten herrlichen Ordnung des Weltgebäudes zur Bewunderung des allwirkenden Baumeisters geführt werden!“ (Nikolaus Kopernikus, 1473–1543) „Die Erhabenheit Deiner Schöpfung wollte ich den Menschen verkünden, soweit mein eingeschränkter Verstand Deine Unendlichkeit begreifen konnte.“ (Johannes Kepler, 1571–1630)
Als Jugendlicher habe auch ich mich zu fruchtlosen Diskussionen über Schöpfung vs. Evolution verführen lassen. Inzwischen verlocken mich viel mehr die Wunder der Schöpfung, ob im Weltall, in der Tierwelt oder im menschlichen Körper. Je mehr ich über die geheimnisvollen Prozesse im Mikro- und Makrokosmos lese, desto mehr muss ich über die Größe und Kreativität des Schöpfers staunen. Die Bibel steht mir dabei keineswegs im Wege, sondern im Gegenteil: Sie beflügelt mein Denken und verleiht meinen Gedanken die passenden Worte – wie vor fünfzig Jahren den Astronauten der Apollo-8-Mission.