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Das „Heilige Jahr“ unter die Lupe genommen

Nach 25 Jahren feiert die römisch-katholische Kirche wieder ein Jubeljahr. Was wird den teilnehmenden Pilgern versprochen? (Foto: Vatican News)

Rom stellt sich auf 32 Millionen Pilger im „Heiligen Jahr“ 2025 ein. Im letzten Jubeljahr 2000 waren es 25 Millionen. Das sind keine „normalen“ Touristen, sondern sie folgen einem vorgegebenen Besuchsprogramm: Dazu gehören diesmal acht Pilgerorte, darunter der Petersdom, die Lateranbasilika, die Basilika Santa Maria Maggiore und die Katakomben. Und die meisten von ihnen tun diese Pilgerreise, um den vollkommenen Ablass ihrer Sünden zu erlangen.

Das erste Heilige Jahr wurde 1300 von Papst Bonifatius VIII. (1294-1303) ausgerufen und sollte alle 100 Jahre stattfinden. Inzwischen wurde der Abstand auf alle 25 Jahre verringert. Als biblisches Vorbild dient das biblische Jubeljahr (siehe Levitikus/3. Mose 25), ein alle 50 Jahre begangenes Erlassjahr. Allerdings hatte das jüdische Erlassjahr nichts mit der Vergebung der Sünden zu tun, sondern es ging um ein Erlassen von Schulden und Notkrediten. Dadurch sollte das soziale Gleichgewicht im Land wiederhergestellt werden.

Teilnehmer einer Wallfahrt nach Rom im Jahr 2016. (Archivfoto: Christof Haverkamp, „Kirche+Leben“)

Wie Papst Franziskus in der „Verkündigungsbulle des Heiligen Jahres 2025 (Spes non confundit)“ erläutert, vergibt Gott den Menschen zwar ihre Sünden, nicht jedoch die Folgen. Und diese bedürfen der Läuterung, sei es hier auf Erden (zum Beispiel durch gute Werke, Wallfahrten usw.), „sei des nach dem Tod im sogenannten Purgatorium“ (S. 29-30 bzw. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1472). Durch den Ablass, der anlässlich des Heiligen Jahres gewährt wird, werden also nach katholischer Lehre zeitliche Strafen für Sünden erlassen, die hinsichtlich der Schuld schon getilgt sind.

In einem Interview des Deutschland Funks vom 31.12.2024 vergleicht der evangelische Theologe Volker Lepin diesen Straferlass mit einer vorzeitigen Haftentlassung bei guter Führung. „Wenn ich mich anständig bemühe, dann gibt mir Gott immer noch ein Stück mehr Reduktion“ der Strafe. Diese Verringerung der Strafdauer kann Tausende oder gar Hunderttausende von Jahren ausmachen. „Durch das Fegefeuer hindurch kommen sie [die Gläubigen] in den Himmel und durch den Ablass können sie die Zeit im Fegefeuer auch noch verkürzen … Ich weiß dann, dass ich ins Fegefeuer komme und dann tue ich halt möglichst viel und muss dann irgendwann auch nichts mehr tun, sondern kann irgendwas kaufen, damit ich diese Zeit im Fegefeuer noch verkürze.“

Dieses „Kaufen“ führte am Ende des Mittelalters zu einer regelrechten Inflation des Ablasswesens. Papst Leo X. ließ wegen seiner chronischen Geldnot die Ablassbriefe wie Wertpapiere anbieten. Vom Dominikanermönch Johann Tetzel, der für den Ablasshandel in der Kirchenprovinz Magdeburg verantwortlich war, soll der Satz stammen „Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer in den Himmel springt“. In den 95 Thesen, die Martin Luther am 31. Oktober 1517 an die Tür der Wittenberger Schlosskirche schlug, kritisierte er scharf den Ablasshandel.

Dieses Gemälde aus dem 19. Jhdt. zeigt Johann Tetzel beim Verkauf von Ablassbriefen.

Bei allem Respekt gegenüber katholischen Christen, die – weil sie es nicht anders kennen – sich aufrichtig bemühen, diesen Straferlass für sich oder für ihre verstorbenen Angehörigen zu bekommen: Mir bleiben zu viele Fragen unbeantwortet. Davon will ich hier drei nennen.

  1. Wo steht in der Heiligen Schrift, dass die Erlösung durch das stellvertretende Sterben Jesu am Kreuz nur einen Teil abdeckt, sodass der Gläubige für einen Rest durch bestimmte Werke oder durch kirchliche Erlasse zu sorgen hat?
  2. Wo steht in der Heiligen Schrift, dass dem Übergang in den Himmel eine Läuterungszeit im so genannten Purgatorium (Fegefeuer) vorausgeht? Und dass wir den Aufenthalt in diesem Läuterungsfeuer verkürzen oder vermeiden können? (Zum Beispiel durch häufige Beichte, die Kommunion, der Besuch der Messe, die Teilnahme an der Pilgerreise zum Heiligen Jahr.)
  3. Im Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche (Nr. 211) heißt es: „Wie können wir den Seelen im Purgatorium helfen? Kraft der Gemeinschaft der Heiligen können die Gläubigen, die noch auf Erden pilgern, den Seelen im Purgatorium helfen, indem sie Fürbitten und besonders das eucharistische Opfer, aber auch Almosen, Ablässe und Bußwerke für sie darbringen.“ Wie lässt sich dieses Wirken der Lebenden für die Toten mit den Aussagen der Heiligen Schrift vereinbaren, dass es nach dem Tod keine Bekehrungsmöglichkeit mehr gibt, sondern nur noch das Gericht nach der Auferstehung folgt?

Die Bibel gibt Erklärungen über die Erlösung, den Tod und die Auferstehung, die den genannten Theorien völlig widersprechen:

  • Paulus wiederholt immer wieder, dass der Mensch nicht durch Werke vor Gott bestehen kann, sondern allein durch den Glauben an Jesus Christus (Römer, 3,21ff.; Galater 2,16; Epheser 2,8-9;). Schon Jesaja hatte vorhergesagt, dass der Messias unsere gesamte Schuld auf sich nehmen würde (Jesaja 53,5-6). Von einer irgendwie zu begleichenden Restschuld ist nirgendwo in der Heiligen Schrift die Rede!
  • Jesus vergleicht den Zustand im Tod mit dem Schlaf: Johannes 11,11ff. Als er seinen verstorbenen Freund Lazarus auferweckte, holte er ihn weder vom Himmel herunter noch aus irgendeinem anderen Ort (Purgatorium) heraus, sondern einfach aus dem Grab (Johannes 11,43).
  • Die verstorbenen Gläubigen ruhen im Grab und werden erst dann – zusammen mit den lebenden Gläubigen – ins Reich Gottes aufgenommen, wenn Jesus Christus wiederkommt und er die gläubigen Toten auferweckt (1. Thessalonicher 4,16-17).
  • In Daniel 12,13 stehen die Worte, die Gott an seinen Propheten Daniel sprach, bevor dieser starb: „Du aber, Daniel, geh dem Ende entgegen, und ruhe, bis du aufstehst zu deinem Erbteil am Ende der Tage!“ Kurz und knapp sind hier drei Aussagen enthalten: 1) Im Tod wird geruht. 2) Dieses Ruhen dauert bis zur Auferstehung. 3) Die Auferstehung findet am Ende der Zeit statt. Friedhelm Klingeberg kommentiert diesen Text so: „Kaum ein Bibelwort hat mich an den Gräbern lieber Menschen mehr getröstet als dieses. Sie müssen nicht leiden, um sich an irgendeinem Reinigungsort die ewige Seligkeit zu erarbeiten, und sie brauchen für niemanden Fürbitte einzulegen. Sie dürfen ganz still ruhen. Alles Weitere können wir der Barmherzigkeit und Weisheit unseres Schöpfers überlassen. Und am großen Tag der Auferstehung, wenn Jesus wiederkommt, werden wir unsere Lieben wiedersehen. Welche eine Perspektive!“ (Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg, 8. Januar 2025)

Ich bin so dankbar für die klaren Aussagen der Bibel, die deutlich machen: Die Erlösung durch das dankbar anzunehmen, was Jesus am Kreuz getan hat, ist alles, was ein Mensch tun kann, um ganz (und nicht nur zum Teil) gerettet zu werden.

 
Taking a Closer Look at the „Holy Year“

[Shortened Version] Rome expects around 32 million pilgrims in 2025—significantly more than the 25 million in the year 2000. These pilgrims visit eight designated sites, including St. Peter’s Basilica and the Lateran Basilica, usually with the goal of obtaining a plenary indulgence for their sins. The first Holy Year was proclaimed in 1300 by Pope Boniface VIII. Today, it takes place every 25 years and is modeled after the biblical Jubilee Year, which, however, concerned debts and emergency loans, not the forgiveness of sins.

In the papal bull Spes non confundit, Pope Francis explains that God forgives sins but not their consequences. These consequences are alleviated through good deeds or pilgrimages. According to Catholic doctrine, an indulgence remits temporal punishments for sins that have already been forgiven. Protestant theologian Volker Lepin compares this indulgence to early release from prison for good behavior. Criticism of indulgence trading led to the Reformation in the Middle Ages, sparked by Martin Luther’s 95 Theses against the commercialization of indulgences.

Three questions remain unanswered:
1. Where in the Bible does it say that Jesus‘ death only partially redeems and that works are necessary?
2. Where is a purgatory mentioned that can be shortened through works?
3. How does intercession for the dead align with the statement that only judgment follows after death?

The Bible emphasizes salvation through faith alone (Romans 3:21ff.; Ephesians 2:8-9). Jesus describes death as sleep (John 11:11ff.), and the resurrection occurs only at His return (1 Thessalonians 4:16-17). Daniel 12:13 assures that the dead will rest until the resurrection. The Bible clearly shows: salvation is complete through Jesus’ sacrifice on the cross.

Un análisis detallado del „Año Santo“

[Versión abreviada] Roma espera alrededor de 32 millones de peregrinos en 2025, significativamente más que los 25 millones en el año 2000. Estos peregrinos visitan ocho lugares designados, incluyendo la Basílica de San Pedro y la Basílica de San Juan de Letrán, generalmente con el objetivo de obtener una indulgencia plenaria por sus pecados. El primer Año Santo fue proclamado en 1300 por el Papa Bonifacio VIII. Hoy en día, se celebra cada 25 años y se inspira en el Año del Jubileo bíblico, que, sin embargo, trataba sobre deudas y préstamos de emergencia, no sobre el perdón de los pecados.

El Papa Francisco explica en la bula Spes non confundit que Dios perdona los pecados, pero no sus consecuencias. Estas se alivian mediante buenas obras o peregrinaciones. Según la doctrina católica, la indulgencia remite las penas temporales por pecados ya perdonados. El teólogo protestante Volker Lepin compara esta indulgencia con la liberación anticipada de prisión por buen comportamiento. La crítica al comercio de indulgencias condujo en la Edad Media a la Reforma, desencadenada por las 95 tesis de Martín Lutero contra la indulgencia comercializada.

Quedan tres preguntas por responder:
1. ¿Dónde dice la Biblia que la muerte de Jesús solo redime parcialmente y que son necesarias las obras?
2. ¿Dónde se menciona un purgatorio que pueda acortarse mediante obras?
3. ¿Cómo concuerda la intercesión por los difuntos con la afirmación de que después de la muerte solo sigue el juicio?

La Biblia enfatiza la salvación solo por la fe (Romanos 3:21ss.; Efesios 2:8-9). Jesús describe la muerte como un sueño (Juan 11:11ss.), y la resurrección ocurre cuando Él regrese (1 Tesalonicenses 4:16-17). Daniel 12:13 asegura que los muertos descansarán hasta la resurrección. La Biblia muestra claramente: la salvación es completa gracias al sacrificio de Cristo en la cruz.

Verwirrend!?

Auf dem Friedhof von Ceares, Gijón, Nordwestspanien. (Foto: edp)

Vor wenigen Tagen war ich mit meiner Mutter auf dem Altfriedhof unserer spanischen Heimatstadt, um mit ihr das Grab meines Vaters zu besuchen (er starb bei einem Arbeitsunfall im Alter von 35 Jahren). Die Worte über dem Eingangsportal sind für jeden, der den Friedhof verlässt, nicht zu übersehen: „Señor, dadles el descanso eterno“ (Gib ihnen, Herr, die ewige Ruhe). Die meisten Grabinschriften enthielten außerdem die drei bekannten Buchstaben R.I.P. (für „Ruhe in Frieden“ auf Lateinisch) beziehungsweise D. E. P. (für „Descanse en paz“, das spanische Äquivalent).

Diese Aussagen haben den Gedanken des Ruhens gemeinsam, der Portalschriftzug allerdings um die Eigenschaft „ewig“ ergänzt. Sollen die dort Begrabenen nur eine Zeitlang in Frieden ruhen, um dann irgendwie aufzuwachen (d. h. auferstehen), oder sollen sie für immer und ewig ruhen, ohne jemals wieder aufzuwachen?

Sofort musste ich an eine Beisetzungsfeier denken, die ich wenige Wochen zuvor besucht hatte: Der Pfarrer sprach mal von der ewigen Ruhe, dann davon, dass der Verstorbene bereits am Ziel, d. h. bei Gott, wäre, dann aber betete er das Vaterunser, in dem es heißt „Dein Reich komme“ und in einem Nachruf wurde aus dem Glaubensbekenntnis zitiert: „„Er [Jesus Christus] sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.“

Nun ist die Verwirrung noch größer: Wieso ewige Ruhe oder Ruhe überhaupt, wenn der Verstorbene bereits am Ziel sein sollte? Und wenn er schon im Reich Gottes angekommen ist, wieso wird die Bitte ausgesprochen „Dein Reich komme“? Und wenn die Verstorbenen schon bei Gott sind, wozu soll Jesus Christus wiederkommen, um die Lebenden und die Toten zu richten?

Opferstock in der Kathedrale von Lugo, Galizien, Norwestspanien. (Foto: edp)

Den Höhepunkt der Verwirrung erlebte ich aber letzte Woche in der Kathedrale von Lugo in Galizien. Dort stand über einen Opferstock die Schrift „Limosna para las benditas ánimas del purgatorio“ (Almosen für die seligen Seelen im Fegefeuer). Woher weiß der Pfarrer, dass der Verstorbene nicht im Fegefeuer (zwecks Erhalt der fehlenden Läuterung) verweilt, sondern schon bei Gott ist? Und wieso wird gleich nach dem Tod bereits „gerichtet“, d. h. entschieden, dass diese Läuterung im Fegefeuer zu erfolgen hat, wenn doch Jesus Christus die Toten und Lebenden erst richten wird, wenn er wiederkommt? Und wie soll durch Almosen die Verweildauer im Fegefeuer verkürzt werden können?

Es gibt so viele Widersprüche im Zusammenhang mit dem Leben nach dem Tod, dass ich mich viel lieber auf das verlasse, was die Bibel, die Heilige Schrift, darüber sagt – und das ist nicht wenig. Und nicht schwer zu verstehen! Sie vergleicht den Zustand im Tod mit einem Schlaf – da finden wir den Gedanken des Ruhens wieder. Dieses Ruhen ist aber nicht ewig, denn es gibt – wie beim Schlaf – ein Aufwachen, das als Auferstehung bezeichnet wird. Und diese Auferstehung (des ganzen Menschen, da die Teilung in Körper und Seele griechischen Ursprungs ist) findet erst dann statt, wenn Jesus wiederkommen und richten wird. Richten heißt trennen: jene, die gerettet und ewig bei Gott leben dürfen, von denen, die zum ewigen Tod verurteilt werden, weil sie das Rettungsangebot Gottes abgelehnt haben.

Hier nur eine der vielen unmissverständlichen Aussagen von Jesus (nach dem Johannesevangelium, 14,2-3 – GNB): Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen, und ich gehe jetzt hin, um dort einen Platz für euch bereitzumachen … Und wenn ich gegangen bin und euch den Platz bereitet habe, dann werde ich zurückkommen und euch zu mir nehmen, damit auch ihr seid, wo ich bin.

Übrigens, auf die Grabplatte meines Vaters haben wir damals die Worte eingravieren lassen: „Deine Frau, Kinder und Familie vertrauen darauf, dich am herrlichen Tag der Auferstehung wiederzusehen.“