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Kirchlich online verwöhnt!

Drei Online-Gottesdienste heute: Regional: “Predigt im Norden”; bundesweit: “Atem der Hoffnung” bei HOPE-TV; lokal: Präsenzgottesdienst in Lüneburg auf YouTube übertragen. (Screenshots)

[nx_spacer size=”10″]Dass meine Freikirche welt- und bundesweit im Medienbereich sehr innovativ und gut aufgestellt ist, wusste ich bereits (ich bin Siebenten-Tags-Adventist). Aber dass sich diese technische Affinität herunter bis in die örtlichen Kirchengemeinden durchzieht, das ist mir jetzt während der Corona-Pandemie ganz klar geworden.

Vier Gottesdienste zur Auswahl
Heute hätte ich beispielsweise mindestens vier Gottesdienste vom Wohnzimmer aus besuchen können. Drei davon habe ich auch zeitweise besucht: Um 9:30 Uhr war ich virtuell in Alsbach-Hähnlein (bei Darmstadt), wo das HOPE-Medienzentrum (früher „Stimme der Hoffnung“) der Freikirche in Deutschland steht. Dort senden sie jeden Sonnabend einen zweiteiligen Gottesdienst bestehend aus einer Talkrunde und einer Predigt, dazwischen einige Minuten Kinderprogramm.
Seit keine Gottesdienste vor Ort stattfinden dürfen, senden sie live. Mit sehr ansprechenden Musikbeiträgen. Heute konnte ich nur 30 Minuten dabei sein und so erlebte ich den Anfang der Talkrunde zu einem aktuellen Thema: Wie gehen wir in dieser Zeit und auf engem Raum so miteinander um, dass wir uns nicht auf den Wecker fallen und Konflikte erst gar nicht eskalieren?

Wofür YouTube gut sein kann …
Um 10 Uhr bin ich „umgestiegen“ und in Lüneburg gelandet: Meine Heimatgemeinde veranstaltete heute erstmalig einen Präsenzgottesdienst unter Beachtung aller Hygienevorschriften. Und weil die Teilnehmerzahl sehr beschränkt ist, wurde der Gottesdienst zum ersten Mal live über YouTube übertragen. Sowohl die junge Moderatorin als auch unser Pastor und sein Sohn in der Technik haben wirklich „Tolles“ geleistet. Sogar eine kurze Kindergeschichte gab es für einen einzigen Jungen, der mit seiner Familie dabei war.
Als ich den Pastor und den Jungen vorn neben einer Arche Noah im gebührenden Abstand sitzen sah, musste ich an Jesus am Jakobsbrunnen denken: Ob ihm Tausende oder nur eine Person zuhörten, er widmete sich diesem Einen so, als stünde dieser im Zentrum des Universums. Nach 35 Minuten musste ich mich verabschieden, um virtuell nach Hamburg zu reisen. (Meine Frau sagte mir aber, dass ihr die Predigt gut gefallen hätte: Unser Pastor verband die aktuelle Situation mit der „Quarantäne“, die Gott Noah und seiner Familie während der Sintflut „verordnete“. Und diese dauerte viel länger als die Zeit unserer Einschränkungen möglicherweise dauern wird.)

… und auch Zoom
Um Punkt 11 Uhr begann der Online-Gottesdienst der Freikirche für den Großraum Hamburg (Predigt im Norden). Mit eigenem Studio und eigener Band. Parallel über Zoom (da kann man sich auch sehen, nicht nur hören) und über YouTube. Nach einer netten Anmoderation durfte ich (vom Wohnzimmersessel aus) etwa zum Thema Vorsorge (z. B. Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht) sagen und auch auf meine Online-Vorsorgeseminare hinweisen, ebenfalls ein „Nebenprodukt“ der Corona-Krise. Danach begann die Predigt, die ein junger, dynamischer Pastor hielt und den Titel trug: „Von den weichen Herzen: Wenn Gott mitgeht, sollten wir nicht stehen bleiben“.

Am Schluss des Gottesdienstes wurde es dann interaktiv: Wer wollte, blieb auf Zoom und wurde (per Zufallgenerator) kleinen Gesprächsrunden zugeordnet, die noch eine Weile miteinander reden, beten usw. konnten. Und so standen mir plötzlich eine nette Frau mit ihren drei Söhnen auf der Couch sitzend und ein freundlicher Herr in einem leeren Kirchenraum gegenüber auf dem Bildschirm.
Wir kannten uns nicht, doch schnell waren wir im Gespräch verwickelt – die junge Familie aus Hamburg und der Herr aus einer kleinen Adventgemeinde in Mecklenburg. Er erzählte uns u. a., dass seine Gemeinde zzt. den Gottesdienst im Freien feiert und sie immer schönes Wetter gehabt hätten. Die Jungen erzählten ein wenig von der Schule und dass sie sich auf den Nachmittag mit ein paar Verwandten freuten. Wir sprachen auch eine Weile über das Thema Vorsorge. Auch dieser hanseatische Gottesdienst hat mich sehr angesprochen.

Die vierte Alternative, die aber heute nicht infrage kam, wäre gewesen, wieder den Zoom-Gottesdienst der ComingHOME-Gemeinde in Darmstadt zu besuchen, in der ich mich vor zwei Wochen sehr wohl gefühlt habe, als ich für sie die Predigt vom Wohnzimmer aus hielt.

Und nächste Woche?
Morgen, Sonntag, will ich die Wiederholung des HOPE-Channel-Gottesdienstes sehen, denn die Gesprächsrunde schien mir sehr interessant und aktuell zu sein. Außerdem sagte mir ein Freund, dass die anschließende Predigt sehr gut gewesen sei. Vergangene Woche hielt übrigens der Präsident der Freikirche in Norddeutschland eine ausgezeichnete Predigt über die Rückkehr zur „Normalität“. Sie hat mir so gut gefallen, dass ich darüber einen extra Beitrag  schreiben musste.

Am kommenden Donnerstagabend wird es wieder „rund“ gehen: Von 18 bis 19 Uhr möchte ich am Bibelgespräch meiner Heimatgemeinde über Zoom teilnehmen (das sonst im ersten Teil des wöchentlichen Gottesdienstes stattfindet) und ab 19 Uhr treffen wir uns als Hausbibelkreis zum zweiten Mal ebenfalls über Zoom. Am Sonnabend möchte ich aber nicht wieder zappen, sondern an einem Gottesdienst von Anfang bis Ende teilnehmen; denn ich will nicht „süchtig“ werden! Und man kann auch das Gute übertreiben.

Mein erster Zoom-Gottesdienst

Mit dieser digitalen “Anzeige” hatte die ComingHOME-Kirchengemeinde zum Gottesdienst eingeladen.

[nx_spacer size=”10″]Wie er wohl ablaufen wird? Hoffentlich streikt die Technik nicht! Es sollte der erste Zoom-Gottesdienst sein, den ich besuchen würde, und bei dem ich die Predigt halten sollte. (Zoom ist eine weltweit verbreitete Videokonferenz-Software.)

Aber alles der Reihe nach: Wäre nicht die Corona-Pandemie ausgebrochen, wären wir, meine Frau und ich, am vergangenen Wochenende in Darmstadt gewesen, um am Jubiläumstreffen der Abgangsklasse 1975 des Theologischen Seminars Marienhöhe teilzunehmen. Es war ausgemacht, dass ich am Sonnabendvormittag in der Kirchengemeinde ComingHOME predigen würde. (Das ist eine der sechs Adventgemeinden in Darmstadt.) Nun erreichte mich Anfang der Woche die Anfrage, ob ich bereit wäre, die Predigt über Zoom zu halten. Einen Tag später habe ich zugesagt und begonnen, eine Predigt vorzubereiten, die zwischen 20 und 25 Minuten dauern durfte. (Mein Durchschnitt liegt bei 30 bis 40 Minuten!)

Wie ich zum Thema der Predigt kam, ist eine interessante Nebengeschichte: Wir lesen unseren Enkelkindern, die am Bodensee leben (800 km von Lüneburg entfernt!), jeden Abend über FaceTime (das ist eine Videotelefonie-App) vor, und zwar aus dem Jugendbuch-Bestseller „Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende. Eine bestimmte Szene aus dem Buch brachte mich zum Thema: „Ich schäme mich“ und lieferte mir gleich den Dialog für die Einführung und für den Schluss der Predigt. Diese sollte eine Ermutigung für alle sein, die sich schämen, so, wie sie sind, in die Nähe Gottes zu kommen (zum Beispiel im Gebet).

Am Donnerstagabend bekam ich von einem der Gemeindeleiter erklärt, wie Zoom funktioniert, am Freitag erstellte ich ein paar PowerPoint-Folien, eine Predigtfassung zum Nachlesen für die interessierten Zuhörer und eine Liedpräsentation. Ach ja: Abends noch installierte ich eine Teleprompter-App auf dem Tablet, um nicht am Predigtskript zu kleben. Und am Morgen des Sonnabends machte ich mich auf den Weg … ins Wohnzimmer: im Hemd und in bequemer Haushose (diese würde ja keiner sehen).

Jetzt wurde es spannend: Für mich war es der erste Zoom-Gottesdienst, für diese innovative Gemeinde bereits der sechste! Beginn war um 10 Uhr, aber bereits ab 9 Uhr war die digitale Kirche geöffnet. D. h. wer wollte, konnte sich einwählen, um sich dann mit anderen anwesenden Personen zu unterhalten. Wir konnten einander sehen und miteinander (aber nicht gleichzeitig) sprechen, uns vorstellen usw. Das funktionierte so gut, dass meine Sorgen immer kleiner wurden.

Um Punkt 10 Uhr übernahm eine sympathische junge Frau die Moderation. Dass sie sich aus Würzburg zugeschaltet hatte, merkte man nicht. Genauso wenig wie die Standorte der anderen Teilnehmer: Abgesehen von den Personen, die zu dieser Kirchengemeinde gehören, waren auch Gäste aus Mainz, Lübeck, Lüneburg, München, Hamburg, Neuburg an der Donau und vielen anderen Orten zu sehen. Sie waren mit ca. 90 Geräten eingewählt, 140 Personen nahmen am Gottesdienst teil.

Sie saßen (häufig als Ehepaar, mit Kindern oder ohne) gemütlich in ihren Wohnzimmern leger gekleidet. Es war schön anzusehen! Da wurde ein Baby auf dem Arm getragen, ein Junge machte Grimassen hinter dem Kopf seiner Mutter, jemand trank zwischendurch eine Tasse Tee und … keiner musste eine Schutzmaske tragen! Musik über Keyboard wurde eingespielt, einige der Gäste durften sich vorstellen, es gab Bekanntmachungen und dann, was beim Gottesdienst der Adventisten nicht fehlen darf, Bibelgesprächsgruppen in separaten virtuellen Räumen! Zur Auswahl standen zwei Gesprächsgruppen über das Bibelthema der Woche, eine weitere über ein freigewähltes, aktuelles Anliegen, eine vierte als Gebetsgruppe, eine fünfte Gruppe für Jugendliche und dann noch welche für die jüngeren Kinder. In der von mir gewählten Gruppe waren wir zwölf Personen und wir hatten ein angeregtes Gespräch – bis der technische Moderator die verbleibenden 60 Sekunden ankündigte und uns dann pünktlich aus den Gesprächsräumen ins Plenum holte. Wie praktisch! Da war kein Überziehen möglich!

Nach einer Kaffee-, Toiletten- oder was auch immer Pause, startete dann der dritte Teil des Gottesdienstes, in dem ich dann nach einer kurzen Vorstellung die Predigt hielt. Es funktionierte fast alles recht gut (das Einblenden der Folien muss ich noch üben) und, soweit ich es sehen konnte, ist nur das Baby eingeschlafen. Die E-Mails und WhatsApps, die ich im Laufe des Tages erhielt, zeigten mir, dass viele dieses sehr persönlich gehaltene Thema geschätzt haben. Ach ja: Weitere Bibeltexte, die ich gern behandelt hätte, hatte ich ins Predigtskript aufgenommen, das am Ende des Gottesdienstes von der Homepage der Gemeinde als PDF zum Herunterladen abrufbar war.

Im vierten Teil des Gottesdienstes gab es noch ein Geburtstagslied, einige Ansagen und dann die Gelegenheit zum Austausch für alle, die vorgekocht hatten. Es war kurz nach 12 Uhr.

Dieser Zoom-Gottesdienst war für mich ein sehr positives Erlebnis. Viel besser als nur auf der Couch vor dem Fernseher zu sitzen, um sich eine Predigt anzusehen. Natürlich ist auch das besser als nichts, denn nicht jede Kirchengemeinde ist in der Lage, diese interaktive Variante anzubieten. Einer der Gemeindeleiter sagte mir, dass sie erwägen, auch nach der Aufhebung der Versammlungseinschränkungen diese Technik parallel zu nutzen, und zwar für alle, die aus Alters- oder sonstigen Gründen zu Hause bleiben müssen. Und ich erfuhr im Vorprogramm, dass sie sogar einen Abendmahlsgottesdienst über Zoom durchgeführt haben, für den im Vorfeld Traubensaft (in kleinen Flaschen) und Abendmahlsbrot als Päckchen an die Gemeindeglieder versandt wurden.

Mir hat der Zoom-Gottesdienst dieser innovativen und offenen Gemeinde sehr gefallen. Daher freue ich mich schon jetzt darauf, sie spätestens im nächsten Jahr vor Ort kennenzulernen, wenn wir das aufgeschobene Klassentreffen nachholen. Noch eins hätte ich beinah vergessen: Eine Kollekte wurde nicht gesammelt: Die elektronische Abgabe ist (noch) nicht in Zoom implementiert.

Diese Bilder hat keiner sehen können – auch meine Haushose nicht.