Vor sieben Jahren, am 2. Oktober 2017, starb plötzlich und unerwartet mein Mentor und Freund Johann (Hans) Gerhardt im Alter von 74 Jahren. Bei ihm machte ich meine ersten Schritte als junger Pastor in Pforzheim, von ihm wurde ich 40 Jahre später in den Ruhestand verabschiedet. Mehr über seinen Lebenslauf kann man unter dem Link unten (APD-Meldung) erfahren. Meine persönliche Wertschätzung kommt am besten durch die Worte, die ich während der Trauerfeier am 16. Oktober 2017 in Friedensau an seine Familie und an die Trauergemeinde gerichtet habe:
Liebe Trauergemeinde! Liebe Christa, liebe Familie Gerhardt!
Es war im August 1975, also 42 Jahre her, als ein angehender Prediger vom theologischen Seminar Marienhöhe (Darmstadt) zu euch ins Schwabenland kam. Er lebte erst vier Jahre in Deutschland, sein Deutsch war daher noch nicht so gut. In den Gemeinden des Bezirkes Pforzheim fand er sehr liebe Menschen, die ihn mit offenen Armen empfingen. Und in Birkenfeld, bei Pforzheim, fand er eine Pastorenfamilie, die ihm ihr Herz und ihr Haus ganz weit öffnete – das wart ihr: Du, liebe Christa, mit Hans und euren Kindern, die damals noch recht klein, also noch keine Pfadfinder, waren.
Ich weiß nicht mehr, wie viele Male ich Gott dafür gedankt habe, dass ich dieses erste Jahr meines Dienstes (das so genannte „Praktikum“) bei euch und mit Hans erleben durfte. Es war ein Geschenk des Himmels und so habe ich es auch Hans hin und wieder gesagt. Und wenn ich es meinen Kollegen erzählt habe, meinte ich immer einen Ausdruck in ihren Gesichtern erkennen zu können: „Beneidenswert!“
Hans war nur ein Jahr lang mein Mentor, weil ihr dann in die USA zum Weiterstudium gezogen seid. Aber es war ein Jahr, das mich und meine Pastorenlaufbahn wesentlich geprägt hat. Dabei will ich mich aus zeitlichen Gründen auf nur eine Eigenschaft von Hans beschränken, die äußerst wohltuend war: Er hat Vertrauen in Menschen investiert. In junge Menschen wie mich. Nur so ist es zu erklären, dass er mich in diesem meinen ersten Jahr in seiner Vortragsreihe (in Mühlacker) voll mitwirken ließ: Nicht bei der Bedienung des Overheadprojektors, damit ich brav zuhöre und lerne, wie man es richtig macht, sondern ganz aktiv: Er teilte jeden Abendvortrag in zwei Hälften, überließ mir den biblischen Teil und er selbst übernahm den gesundheitlichen Bereich. Ich muss gestehen: Ich hätte nicht den Mut gehabt, einem Frischling, dessen Deutsch auch noch sehr ausbaufähig war, so viel Vertrauen entgegenzubringen. Das hat mir sehr gut getan und ich bin sicher, dass Dutzende von Kollegen und Studenten auch heute berichten könnten, wie sehr sie Hans geprägt hat – durch seine menschenzugewandte Art, seine ansteckende, von Zuversicht erfüllte Freude, und seine lebensnahe Verkündigung.
Ich mache zeitlich einen großen Sprung: Der Kontakt blieb über die Jahre herzlich und vertrauensvoll; wir beide haben uns immer gefreut, wenn wir miteinander kommuniziert oder uns getroffen haben – die Wiedersehensfreude galt aber auch dir, liebe Christa. Vor 13 Jahren, etwa in der Mitte meiner Dienstzeit als Verlagsleiter, hatte ich das Vorrecht, ein Manuskript von Hans herauszugeben, wobei meine Arbeit sich im Wesentlichen auf das terminliche Drängen beschränkte, denn Hans sprach nicht nur druckreif, sondern er schrieb auch so gut wie druckreif. „Angstfrei glauben“ wurde ein sehr gefragtes, mehrmals nachgedrucktes Buch. Ich will nur die erste Leserzuschrift vorlesen, die uns wenige Tage nach Erscheinen erreichte: „Ich bin begeistert, wie dieses Thema in so einer klaren Sprache für Jung und Alt geschrieben ist. Das Buch sollte jeder lesen, denn jeder Mensch hat mit Angst und Ängsten zu kämpfen. Ich bin schon 67 Jahre, es hat mir sehr gut getan.“ – Wie viele Menschen durch dieses Buch (und überhaupt durch seine veröffentlichten Beiträge, seine Predigten und Radioandachten) zu einem befreiten und befreienden Glauben gefunden haben, das wird Hans und das werden wir erst in der Ewigkeit erfahren.
Mein letztes, besonderes Erlebnis mit Hans fand im Dezember 2015 statt: Ein gutes halbes Jahr vor meinem Renteneintritt fuhr er extra zur Sitzung unserer Freikirche nach Mühlenrahmede, um mich mit weisen und warmen Worten in den bevorstehenden Ruhestand zu verabschieden. Vielen Dank, liebe Christa, dass Du mir zuliebe auf einen Sabbatnachmittag mit ihm verzichtet hast!
Es mag sich ein wenig sonderbar anhören, aber eines haben wir damals in Pforzheim bei Hans besonders gemocht: seine Traueransprachen! Wie traurig die Stimmung bei einer Beerdigung verständlicherweise sein mochte: nach seiner Verkündigung ging es uns allen besser. Er hatte die Gabe, mitten in der Trauer ein Licht der Hoffnung und der Freude anzuzünden. Er brachte uns als Hörer sogar zum Schmunzeln und bezeugte auch dadurch, wie tief sein Gottvertrauen und seine Hoffnung auf die Wiederkunft Christi und das ewige Leben waren. Ich denke, er würde sich freuen, wenn diese Zuversicht eure Herzen, liebe Christa, die eurer Kinder und Enkelkinder und unser aller Herzen heute erfüllen würde.
Ich zitiere zum Schluss Hans selbst aus einem Beitrag, der vor vier Jahren im Buch „Glauben heute“ [2013, S. 5-10] erschienen ist. Der Titel lautet: Lux lucet in tenebris (auf Deutsch: Das Licht leuchtet in der Finsternis), und der Untertitel (typisch Hans!): „Im Keller brennt Licht!“:
• „Die Wiederkunft als Zeichen der Ankunft in der Welt des Friedens und der wahren Menschlichkeit – welch ein Licht für den Menschen in Zukunftsangst!
• Die lebendige Gegenwart des Geistes Gottes heute – welch ein Licht für den, der glaubt, er sei alleingelassen und habe niemanden mehr an seiner Seite!
Wir mögen uns manchmal wie im Keller fühlen – als Welt, als Gemeinde oder persönlich –, aber eines ist sicher: Im Keller brennt Licht! Gott selbst hat es angezündet und es brennt. Lux lucet in tenebris. [Das Licht leuchtet in der Finsternis] Gott sei Dank!“
- Lebenslauf von Johann Gerhardt (APD-Meldung)
- Sein Buch „Angstfrei glauben“
- Ansprache „Das Wunder der bedingungslosen Akzeptanz“ bei HopeTV (30 Min.)
Fearless believing: Hans Gerhardt
Seven years ago, on 2 October 2017, my mentor and friend Johann (Hans) Gerhardt died suddenly and unexpectedly at the age of 74. I took my first steps with him as a young pastor, and he retired me 40 years later. He was not only a gifted speaker, but also an empathetic pastor. One of his special themes, about which he also wrote a highly regarded book, was the privilege of believing in God without fear. I expressed my personal appreciation during the funeral service on 16 October 2017 in Friedensau.
Creer sin miedo: Hans Gerhardt
Hace siete años, el 2 de octubre de 2017, mi mentor y amigo Johann (Hans) Gerhardt murió repentina e inesperadamente a los 74 años. Di mis primeros pasos con él como joven pastor, y me despidió 40 años después cuando me jubilé. No sólo era un orador dotado, sino también un pastor empático. Uno de sus temas especiales, sobre el que también escribió un libro muy apreciado, era el privilegio de creer en Dios sin miedo. Expresé mi agradecimiento personal durante el servicio fúnebre del 16 de octubre de 2017 en Friedensau.