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Ein heikles Gebet

Gottesdienst frei Wohnzimmer via Tablet. (Foto: edp)

[nx_spacer size=“5″]Meiner Frau und mir hat der heutige Jahresanfangsgottesdienst der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland sehr gut gefallen. Er wurde (wie jedes Jahr) am zweiten Samstag im Januar vom Medienzentrum Hope Media über Satellitenfernsehen und Internet übertragen. Dutzende von Kirchengemeinden bauten die Übertragung in ihren Gottesdienst (bei den Adventisten am Samstagvormittag, dem biblischen Sabbat) ein, Kranke u. a. konnten ihn zu Hause erleben und werden ihn auch bald in der Mediathek von Hope TV abrufen können.

Uns beiden hat dieser Gottesdienst rundum sehr gut gefallen:

  • Ein feiner Rahmen (es war eine Studio-Übertragung).
  • Sehr ausgewogene Musik, die vermutlich sowohl jüngere als auch konservativere Teilnehmer/Zuschauer angesprochen haben dürfte. (Das Schlagzeug wurde sehr zurückhaltend gespielt; die Geige, sehr gekonnt gespielt, stand mehr im Mittelpunkt; die Solistin hat eine helle, angenehme Stimme.)
  • Die Live-Schaltungen waren (abgesehen von den Tonstörungen) sehr gut ausgewählt, denn es kamen zwei Minikirchengemeinden zur Sprache, die kurz vor dem Aus standen, dann aber mit vereinten Kräften durch einen Neubau bzw. ein Integrationsprogramm für Flüchtlinge neu belebt wurden.
  • Die Predigt von Pastor Johannes Naether, dem Vizepräsidenten der Freikirche in Deutschland, war anspruchsvoll, aktuell und bibelfundiert.
  • Auch die Kinder kamen durch einen Kindermoment, das mit dem Predigtthema abgestimmt war, auf ihre Kosten.

Das Thema des Gottesdienstes bzw. der Predigt lautete „Versuchung. Heute.“ und entsprach der Jahreslosung der Freikirche für 2020, die dem Vaterunser entnommen ist: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.“ (Matthäusevangelium 6,13) Zweierlei gefiel mir besonders:

  • Dass der Redner auf die Problematik dieser Bitte eingegangen ist: Führt uns Gott tatsächlich in Versuchung? Diese Frage und damit verbunden die Deutung bzw. die Übersetzung dieser Bitte des Vaterunsers hat die Theologen intensiv beschäftigt – zuletzt nach dem Vorschlag von Papst Franziskus, den Text anders zu übersetzen. Er schlug vor: „Lass mich nicht in Versuchung geraten.“ Das lasse der Grundtext aber nicht zu. Es sei eher eine Deutung, um die Aussage von Jesus in Einklang mit unserem Gottesbild zu bringen – so Naether. Er gab offen zu, dass es ein glattes, widerspruchloses Gottesbild nicht gibt. Mit anderen Worten: Wir müssen einfach damit leben, dass wir nicht erklären können, warum Gott z. B. die Verführung bereits im Paradies zuließ (mit dem Baum, aus dem das erste Elternpaar nicht essen sollte). Zugleich aber wurde dadurch die Entscheidungsmöglichkeit des Menschen (Willensfreiheit) dokumentiert.
  • Gut fand ich auch Naethers Bezüge zu Jesus Christus, dessen öffentliches Wirken nicht mit einem spektakulären Wunder begann, und auch nicht mit einer bewegenden Predigt, sondern damit, dass er vom Geist Gottes in die Wüste geführt wurde, „damit er von dem Teufel versucht würde“ (Matthäusevangelium 4,1). Auch am Vorabend seiner Verurteilung war die Versuchung im Garten Gethsemane groß, „auszusteigen“, um dem Kreuzestod zu entkommen. Gerade dadurch, dass Jesus Versuchungen erlebte (denen er nicht nachgab), ist er überzeugenderweise in der Lage, uns Menschen zu verstehen und zu helfen, wenn wir versucht werden: „Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte mit leiden mit unserer Schwachheit, sondern der versucht worden ist in allem wie wir, doch ohne Sünde.“ (Hebräerbrief 4,15)

Warum diese Bitte im Vaterunser steht, d. h. warum Gott uns die Versuchungen nicht erspart, wissen wir nicht. Aber dass Jesus Christus uns in der Versuchung gut versteht, uns nicht von der Seite weicht und uns gern vergibt und einen neuen Anfang schenkt, wenn wir der Versuchung erlegen sind, das ist gewiss!

  • Aufnahme in der Mediathek hier abrufen.
  • Auch den Gottesdienst erlebt? Kommentare dazu? Gern unten!